Nochmal danke an Flora, dass sie mir endlich mein Thread gegeben hat und ja hier ist mein Probeberi mit ca 7 1/2 Seiten ^^
Draußen huscht die Landschaft an meinem Fenster vorbei und sie sieht dabei aus wie das Tarnmuster der Bundeswehr. Ich muss bei diesem Gedanken schwach lächeln und denke einmal mehr an meinem Bruder Niall. Er wollte schon immer mal zur Bundeswehr, doch als er gerade angenommen wurde, lag mein Grandpa im Krankenhaus und das war es dann mit seinem Traum. Er hat ihn für Grandpa aufgegeben um ihn beruhigen zu können, dass auch nach Grandpas Tod seine Ranch erhalten bleibt. Ich schaue weiterhin aus dem Fenster und träume vor mich hin, bis die Tür meines Abteils aufgeschoben wird und eine große Gestalt sich mir gegenüber auf die Sitzbank fallen lässt. Ich lasse meinen Blick vom Fenster schweifen und mustere meinem Gegenüber unauffällig, während die Person Beats aus ihrem Rucksack holt. Eine Haarsträhne fällt ihm ins Gesicht, bevor ich es richtig betrachten kann. Die Person streicht sich die lästige Strähne mit einer hastigen Bewegung nach hinten und setzt sich die Kopfhörer auf. Die Gestalt entpuppt sich als ein unverschämt schöner Junge in meinem Alter. Sein Blick wandert zum Fenster und streift meinen für eine Sekunde. Ich gucke schnell wieder auf mein Buch, dem ich meine Aufmerksamkeit das letzte Mal vor einer halben Stunde geschenkt habe. Ich zwang mich zwar ihn nicht wieder anzugucken, doch ich konnte es einfach nicht lassen! Gracelynn Germain! Hör sofort auf diesen unglaublich hübschen Typen anzustarren! Hatte ich gerade hübsch gesagt? Ich runzele die Stirn und schaue wieder zu ihm. Oh Ja! Das meinte ich tatsächlich und etwas anderes zu behaupten wäre eine Lüge! Auch zwischen seinen Augen erschien eine tiefe Falte und ich merke wie mir heiß und kalt auf einmal wird. Er dreht den Kopf zu mir und starrt für einen Moment einfach nur in meine Augen. Direkt. In meine Augen. Seine Augenfarbe ist ein tiefes Türkis, bei dem sich mein Magen anfühlt wie ein Schmetterlingshaus. Seine Stirn entspannt sich, wobei er sein Blick über mein Gesicht fährt und ich ihn förmlich spüren kann. Wie er über meine Augenbrauen gleitet, meine Nase herunter rutscht und schließlich bei meinen Lippen einen Moment zu lange hängen bleibt und ihre Schwingung mitfährt. Ich kralle meine Fingernägel in meine Handfläche und verstecke meine Hände zwischen meinen Knien. Sein Blick folgt meinen Händen und kehrt schließlich wieder zu meinem Gesicht zurück. Die ganze Zeit lang habe ich ihn einfach nur beobachtet und seinen Blick gefolgt. Was denkt er gerade? Was hält er von mir? Ich suche fragend in dem türkisen Strudel seiner Augen nach Antworten, doch ich weiß, dass keine kommen werden. Was denkst du eigentlich die ganze Zeit, Gracelynn? Du magst überhaupt keine Jungs! Du findest sie arrogant, egoistisch, eingebildet und nervig! Doch bei ihm ist es irgendwie anders. Er lässt seine Kopfhörer seinen Hinterkopf runter gleiten und in seinem Nacken betten. „Und? Was ist an der Landschaft so interessant?“ Ich gucke ihn verblüfft an und hätte beinahe losgelacht, doch bevor es so weit kommt, räuspere ich mich kurz. „Was?“ Er lächelt und das sieht bei ihm so hinreißend aus, dass ich einen kleinen Schweißausbruch bekomme. „Du hast die ganze Zeit herausgestarrt und gelächelt.“ Was? Woher weiß er… „Wie lange hast du vor der Tür gestanden?“, frage ich ihn empört und ziehe meine Stirn für mehr Ausdruck zusammen. „Ach nur ein paar Minuten.“ Meint er das ernst? „Und? Was ist an meinem Gesicht so interessant?“, kontere ich auf seine alte Frage und schaue ihn belustigt an. Er antwortet mit einem von Spott verzogenem aber auch liebevollem Lächeln: „Es fasziniert mich.“ Ich schaue aus dem Fenster, um über seine Antwort nachzudenken und gucke immer wieder kurz zu ihm zurück. Er guckt mich die ganze Zeit lang nur mit diesem bestimmten Lächeln an. Die ganze Zeit! Bis ich es nicht mehr aushalte. „Wie heißt du eigentlich?“ „Mein Name ist Jace Wayland. Und deiner?“ Jace. Ein wunderschöner Name, der eigentlich amerikanisch war… „Woher kommst du? Jace.“ Seinen Namen bringe ich nur flüsternd, aber trotzdem gut hörbar für ihn, heraus. „Du hast meine Frage nicht beantwortet, joya.“ Ich frage mich was joya wohl heißt… Was ist das für eine Sprache? Baskisch? „Äh… Grace Germain.“, antworte ich ihm verwirrt und krause wieder meine Stirn. „Ich komme aus Spanien, doch meine Eltern sind amerikanisch und sind früher dahin ausgewandert.“ Ich verziehe mein Gesicht zu einer wissenden Grimasse und stoße dabei ein verstehendes „Ah!“ aus. Also war das Wort Spanisch?! „Ich komme aus South Dakota. Mein Vater ist Indianer, meine Mutter Deutsche. Was machst du in Deutschland? In einem Zug!“ „Ich schätze in Deutschland Zug fahren.“ Er fand sich für lustig! Und ich muss auch noch grinsen! Ich höhne ein ironisches „Ach? Echt?“. „Ne also ich ziehe hier in eine neue Wohnung, weil ich ein gutes Jobangebot bekommen habe. Und da ich nun mal noch kein Auto habe, fahre ich mit dem Zug. Wie du auch, joya.“ Wow! Ein Jobangebot in Deutschland. Und dieses Wort werde ich nachher erst einmal nachschlagen. „Und was jobbst du so?“, frage ich gespielt desinteressiert. Jetzt merke ich wie blöd das klingt, doch Jace tut so, als hätte er es überhört. „Ich bin Architekt.“ „Und was kennt man so von dir? Hast du die Tower Bridge gebaut?“, necke ich ihn und warte seine Antwort ab. „Erstens: Architekten bauen keine Gebäude sondern entwerfen sie und sorgen dafür, dass dein Haus nicht einstürzt und zweitens: Ha Ha du bist echt witzig, Grace!“ Das sagt er so ernst, dass ich erst gedacht habe, er meint es so. „Eiffelturm? Schiefer Turm von Pisa?“, ignoriere ich ihn und bohre neckend nach. Einen Moment funkelt er mich nur belustigt an, doch dann ergänzt er mich spöttisch. „Chinesische Mauer und Notre Dame?“ Es ist plötzlich so, als würden wir uns schon ewig kennen. Einfach so. Noch immer lächelnd ziehe ich mein Handy aus der Hosentasche und begutachte die Uhrzeit. Noch zwei Stunden fahren. Es hat gar kein Ende! Er beobachtet mich dabei und als ich mein Kopf wieder hebe fragt er: „Und? Wie lange musst du noch fahren?“ „Gute zwei Stunden, wieso?“, frage ich ihn mit einer Augenbraue belustigt hochgezogen, doch er ignoriert meine Frage, lehnt sich mit geschlossenen Augen an die Sitzlehne und vertieft sich wieder in seine Musik. Ich zerre mein Zeichenblock aus meinem Rucksack und lege den Rucksack wieder neben mich auf den Platz. Ich klappe den Block auf und beschließe Jace zu zeichnen, um seine Schönheit für mich alleine festzuhalten. Zuerst beginne ich mit seiner schmalen Gesichtsform mitsamt dem leicht spitzen Kinn. Dann seine dunklen Haare mit den goldenen Strähnen, die ich durch Schattierungen hell wirken lasse. Er trägt sie zerzaust, jedoch sieht es nicht zu schmuddelig aus, da er sie etwas hochgewachst hat. So wie ich ihn das erste Mal wahrgenommen habe, entsteht eine verirrte Strähne in dem Gesicht. Jetzt kommt seine Nase, die ich schmal und elegant in dem unteren Teil des Gesichtes platziere. Den Mund zu malen ist etwas kniffliger, doch ich kann ja gut und unauffällig bei ihm abgucken. Es entsteht langsam ein Gesicht, das dem original ähnelt, als wäre mein Blatt ein Spiegel. Seine wohl geformten Lippen gelingen mir erstaunlich gut, sodass sie sogar auf dem Papier weich und warm aussehen. Ich habe extra beachtet, dass die Unterlippe etwas voller ist als die obere. Seine Augen male ich geschlossen, wie sie gerade sind, da sie in Schwarz-Weiß ihre Schönheit und ihre Tiefe verloren hätten. Oh doch! Ich hätte sie problemlos aus meinem Gedächtnis heraus abzeichnen können, denn das Bild seiner Augen werde ich niemals mehr aus dem Kopf bekommen. Niemals. Die kleine Narbe neben seinem linken Auge ist mir bis jetzt überhaupt nicht aufgefallen, doch sie kommt auch mit auf das Bild. Von dem Geräusch meines Stiftes auf dem Papier öffnet er neugierig die Augen und starrt auf meinem Block. Zu meinem Glück, habe ich ihn auf meinen angewinkelten Beinen so liegen, dass er die Zeichnung aus seiner Position unmöglich sehen kann. Anscheinend hat er die Musik nicht sehr laut gehabt, da er meinen Bleistift sonst unmöglich gehört hätte. Er bettet seine Kopfhörer wieder in seinen Nacken und erhebt sich. Er schiebt meinen Rucksack einen Platz weiter und setzt sich neben mich. Ich nehme den frischen Duft seines Aftershaves in mir auf und zwinge mich weiter zu atmen. Seine Hände schließen sich vorsichtig um den Block und Jace betrachtet sein Ebenbild staunend und scheinbar verblüfft um mein Talent. Ich streite diesen Ausdruck heutzutage nicht mehr ab, da es eh keinen Sinn macht darum zu diskutieren. Jedes Detail seines Gesichtes betrachtet er mit immer größer werdenden Augen. Ich ziehe meine Unterlippe zwischen meine Schneidezähne und beiße so lange zu bis ich Blut schmecke. „Das ist…“ Er dreht sich nahe zu in Zeitlupe zu mir um und ich bemerke, dass seine Hände zittern. „Das ist…“, versucht er es erneut, doch scheitert auch diesmal. Oh. Mein. Gott. „Nicht gut?“, frage ich vorsichtig und enttäuscht. Er schluckt und streift das Bild noch einmal flüchtig. „Was?“ Er spricht es so empört und verdattert aus, dass ich kurz zusammen zuckte. „Wunderschön.“, murmelt er dann und ich mustere das Abbild nochmal. Es gefällt ihm obwohl ich es ihm nie zeigen wollte… Plötzlich spüre ich seine Lippen an meiner Wange. Ich schließe für einen Moment meine Augen. Sein Mund fühlt sich so warm und weich an, wie ich es mir vorgestellt habe. Aber…ist das real oder Traum? Er streift meine Wange eine Sekunde zärtlich bevor er sich wieder langsam zurückzieht. Sehr langsam! Ich öffne meine Augen und auch seine öffnen sich jetzt langsam. „Danke.“, flüstert er heißer und lässt zwanzig Zentimeter zwischen unseren Gesichtern. Weiter Atmen! Grace! Du bist wunderschön nicht das Bild! Ich kann jedoch nur nicken und möchte das Papier herausreisen, um es ihm zu geben, doch er legt seine Hand auf meine und hindert mich somit daran. „Nein, behalt es, joya. Damit du mich erkennst, wenn du mir eines Tages auf der Straße begegnest. Er zieht seine Hand zurück und platziert seine Beine auf der gegenüber liegenden Sitzbank. Er schließt seine Augen und ruht seine Hände entspannt in seinem Schoß. „Okay“, flüstere ich und lege meine Beine auf seine, weil ich zu kurze habe, um es ihm wie mit der anderen Sitzbank nachzutun. Er öffnet seine Augen einen Spalt weit und folgt meinen Beinen quälend langsam bis zu meinem Gesicht hinauf. Ich bekomme eine feine Gänsehaut und sein schwaches Lächeln bevor er wieder döst macht es auch nicht viel besser. Ich hebe vorsichtig mein Buch vom Boden auf, das wohl in der Zwischenzeit unbemerkt heruntergefallen ist.
Als die Frau im Lautsprecher meine Station aufruft, schrecke ich von Jaces Schulter hinauf und werfe einen entschuldigenden Blick zu ihm, doch er hat seine Augen immer noch geschlossen. In dem Moment allerdings, als ich meine Beine von seinen hieve, blinzelt er gegen die Sonne an und steht zögerlich auf. Er meint er müsse hier auch raus und würde mich gerne noch begleiten. Ich stimme zu und, wie er, fange ich an, meine Sachen zusammen zu raufen. Somit sitzen wir wenig später nebeneinander auf der Rückbank eines Taxis. Schließlich muss er leider raus und verspricht mir, dass man sich immer zweimal im Leben trifft und ich mich schon mal darauf gefasst machen soll. Aber er sagt auch, dass man heutzutage auch mal telefonieren kann und noch bevor ich ihm fragen kann wie, da wir gar keine Handynummer getauscht haben, ist er schon ausgestiegen und um die nächste Ecke verschwunden. Ohne ihn an meiner Seite, komme ich mir auf einmal ganz verloren und alleine vor.
Ich fummle den Haustürschlüssel aus einem Blumentopf vor der Tür, der meine neue Mitbewohnerin schon dort für mich bereit gelegt hat. Ich öffne sie und lasse meine ganzen Taschen erstmal im Flur stehen um meine Hausbesichtigung zu beginnen. Im Erdgeschoss finde ich eine gemütliche Küche, ein Badezimmer ebenso wie eine kleine Toilette und ein schön großes Wohnzimmer mit einer Glastür, die in einen angelegten Garten führt. Ich stapfe eine Treppe hinauf, die in den ersten Stock führt und besichtige dort drei Schlafzimmer. Noch ein Badezimmer und eine Toilette liegen den Flur hinunter. Außerdem befindet sich dort noch eine kleine Holztreppe die unter das Dach führt, die ich mit wachsender Neugier hinauf steige. Das Dachgeschoss besteht aus zwei Räumen, genauer gesagt aus einer kleiner Toilette und einem gigantischem Schlafzimmer. Ich bleibe begeistert in dem Türrahmen stehen und betrachte die dunklen Nussbaum Möbel, die in einer Weiß- Cappuccino Farbenden Landschaft stehen. Obwohl die Wände alle Kahl sind und nur von einer Kommode, einem Doppelbett, einem Regal und einem Schreibtisch verziert werden, fühle ich mich sofort geborgen. Das ist MEINS! Ich drehe mich schlagartig um und renne die Treppen wieder hinunter in den Flur, in dem ich meine Taschen aufnehme und mit ihnen wieder hinauf flitze. Ich verstaue meine Klamotten in die Kommode, meine Lesebücher und andere Kleinigkeiten im Regal und meine Stifte und Blöcke auf den Schreibtisch. Ich beäuge nachdenklich die leeren Wände und hänge einen kleinen Webteppich meines Grandpa an die Wand über den Schreibtisch. Ich betrachte den Indianerschmuck und denke an den Tag, an dem Grandpa ihn mir überreicht hat. Meine Granni hat ihn gewebt und ihn mit einer Büffelherde bestickt. In dem Veilchenlila passt er gut in dieses Zimmer und schon ist es etwas gemütlicher. Ich wühle in meinem Block nach meinen Familienbildern. Ich habe zwar keine Fotos, doch ich habe sie alle selbst gezeichnet. Es kommen alle an meine Wand am Bett! Ein Gruppenbild von Tante Mandy mit meinen Cousins und meiner Cousine, ein Portrait meines Grandpas und zum Schluss die Zeichnung von Jace Wayland. Ich bewundere sein Gesicht und frage ihn leise: “Wie soll ich dich anrufen ohne Handynummer, Klugscheißer?“ Und das sage ich so verzweifelt und erschreckend liebevoll, dass ich mich frage ob es überhaupt richtig ist. Vielleicht hat er ja… Bei seinem Aussehen ist es sogar sehr wahrscheinlich, dass er eine…Freundin hat. Ich lasse meinen Blick nochmal über die Abbildung seines Gesichtes schweifen und entdecke etwas, das von der Rückseite leicht und fast unscheinbar durchdrückt. Ich beschrifte meine Bilder nicht… Vorsichtig hefte ich es von der Wand und drehe es einmal um. Dort entdecke ich eine Zahlenkombination. Seine Handynummer! Darunter steht in einer erstaunlich ordentlichen Schrift: „Ruf mich an, joya. –J“ Ich ziehe mein iPhone hervor und öffne den Übersetzer. Ich stelle ihn auf Spanisch und tippe das Wort ein. Nach einem festen Atemzug drücke ich auf übersetzen. Kostbarkeit. Er nennt mich…Kostbarkeit! Mein Herzschlag setzt für einen Moment aus, nachdem es heftiger auf und ab hüpft. Oh mein Gott, Jace! Ich lächle immer noch fassungslos und speichere seine Nummer gleich in meine Kontakte. Ich starre noch ein paar Minuten auf sein Gesicht, bis ich von meinem Magenknurren erschreckt zusammenzucke. Ich gehe hinunter in die Küche und mache mir ein paar Pfannkuchen. Ich öffne meine Playlist auf meinem Handy und mache das Cover Say Something von Pentatonix an. Mein Lieblingslied erfüllt den Raum und ich singe laut mit. „Say Something I’m giving up on you. I’ll be the one. If you want me to…”
Lotte und ich beenden gerade die Besichtigungsrunde auf dem Hof und gehen zusammen wieder zurück in das Büro, in dem Flora schon auf uns wartet. „Hey! Da seid ihr ja wieder! Und? Gefällt es dir hier, Grace?“, fragt Flora mich sobald ich den Raum betreten habe. „Ja, danke es ist echt toll hier!“, antworte ich ihr wirklich vom Hof begeistert. Der Hof gibt den Tieren hier viel Platz zum Leben, ist schön sauber und in sehr guter Verfassung. Mir gefällt es hier vor allem, weil alle sich hier gut verstehen und so offen und freundlich gegenüber sind. Ich fühle mich hier sofort wohl und liebe es hier! „Gut, da du mir ja schon sagtest, dass du gerne mal was anderes außer Western probieren möchtest, dachte ich, dass Vielseitigkeit wohl das Beste für dich wäre. Ist das in Ordnung für dich?“ Ja stimmt. Ich wollte mal was anderes ausprobieren und Military hat mich schon immer fasziniert. Wie die Leute die Natur ausnutzen, um einen wunderschönen und abenteuerlichen Parcours herzustellen. Ich nicke begeistert und ich merke wie meine Augen anfangen vor Aufregung zu leuchten. Lotte lacht amüsiert und sagt mir, dass sie schon vier Pferde für mich fertig gemacht haben. Auf dem Weg zu den Pferden am Putzplatz erzählt mir Flora ein wenig über sie und Lotte ergänzt immer wieder etwas, wenn Flora eine Sache vergessen hat zu erwähnen. Bis jetzt gefällt mir Amour am besten, doch auch von Bella Sarah und Mer de l‘amour bin ich begeistert. Ich berichte ihnen, dass Don Juan wohl für mich nicht in frage kommt und die Beiden nicken verständlich. Ich atme erleichtert aus und lächle sie fröhlich an. Wir kommen an den Platz an, auf dem eine Pflegerin schon mit den vier Pferden auf uns wartet. Wir begrüßen uns erfreut und ich schenke auch den vier Pferden meine Aufmerksamkeit. Jedes Pferd schnaubt freudig, als ich ihnen den Hals klopfe und sie in meiner Muttersprache begrüße. Die Menschen verstehen die Indianersprache zwar nicht, doch die Tiere tun es. Lotte erklärt Sandra, der Pflegerin, dass ich Don Juan schon ausgeschlossen habe und ich gerne Mer de l’amour und Bella Sarah probereiten möchte. Die dunkle Rappschimmelstute Amour ist mir nach der Schilderung von den beiden Mädchen etwas zu unerfahren. Also sattelt Sandra die beiden Pferde für mich, während ich mich schon mal mit ihnen vertraut mache. „Du scheinst mit Pferden gut umgehen zu können.“, grinst mich Sandra an, wobei Mer de l’amour gerade zufrieden brummelnd an meinen Haaren knabbert. Ich lache und verrate ihr, dass Pferde bei uns im Reservat unsere besten Freunde sind und wir sie eigentlich mehr mögen und respektieren als Menschen. Ich erzähle ihr auch, dass jedes Pferd die Indianersprache versteht und mit uns eine ähnliche Bindung hat wie mit Pferdeflüsterern. Sie verstehen uns und wir verstehen sie. „Klingt echt cool! Das ist sehr interessant und vor allem bewundernswert.“, staunt sie und stellt noch kurz bei Bella meine ungefähre Größe in die Steigbügel ein. Ich mache ihr es bei Amour nach bevor wir uns gemeinsam auf den Weg zum Springplatz machen. Angekommen betrachte ich die kleinen Cavaletti Stangen, sowie die kleinen Kreuze und Steilsprünge. Zuerst trete ich mit Amour in die Mitte des Platzes und steige beruhigend flüsternd auf den braunen Wallach. Er dreht den Kopf zu mir um und brummelt mir ruhevoll zu. Ich klopfe ihm den Hals und drücke meine Fersen sanft in seine Seite. Er setzt sich brav in Bewegung und schon merke ich, wie er mich akzeptiert hat und mir Ruhe und Vertrauen gibt. Nachdem wir uns warm gemacht haben, lasse ich ihn in einen weichen Galopp fallen und steure ihn auf das circa ein halben Meter Hindernis zu. Mit Leichtigkeit hüpft er darüber und landet wieder weich auf dem sicheren Boden. Auch die nächsten kleinen Hürden meistert er mit Eleganz und Sicherheit. Nachdem ich ihn etwas trocken geritten bin, wechsle ich zu Bella Sarah, die mich auch sicher über die Hindernisse führt. Von beiden begeistert steige ich nun auch von Bella ab. „Pila maye, Bella Sarah.“ Sie dankt mir ebenfalls mit einem kleinen Stups an meine Schulter und schnaubt noch kurz. „Was hast du jetzt schonwieder gesagt?“ „Ich sagte: Danke dir, Bella Sarah.“, erkläre ich Lotte grinsend und lege einen Arm um ihre Schulter. „Und? Hast du dich für jemanden entschieden?“ Floras Stimme ertönt hinter uns und ich drehe mich mit bedauern um. „Die beiden sind wirklich richtig klasse, doch ich habe keine wirkliche Verbindung gespürt verstehst du? Pferde suchen sich ihren Menschen, doch ich bin der leider nicht. Von beiden.“ „Oh… Ach so, ja dann müssen wir wohl morgen nochmal weiter forschen. Oder möchtest du jetzt noch jemanden ausprobieren?“ „Danke, aber nein danke.“, sage ich erschöpft ab. Ich habe jetzt zwei Reitstunden hinter mir und ich bin völlig fertig. Schon allein von der Zugfahrt war ich völlig kaputt. „Okay, dann sehen wir uns morgen wieder?!“ Die Mädchen gucken mich fragend an und ich nicke hastig. Ich möchte mir sowieso noch die Pferde in den Ställen und auf den Weiden genauer angucken. Vielleicht ist da ja mein Pferd dabei.
Ich trete auf den Hof und entdecke einen wunderschönen, dunkelbraunen Hengst auf einem Paddock. Er trabt gerade an den Zaun entlang und hat mich anscheinend noch nicht gesehen. Ich stelle mich an den Zaun und beobachte ihn voller Faszination. Bei diesem Pferd ist die Verbindung sofort da. Er stoppt abrupt aus seinem Trapschritt und dreht sich prompt zu mir um. Er guckt mich mit aufgerissenen Augen an, als könnte er es nicht glauben. Der Hengst erstarrt wie Stein und steht wie eine Statue da. Er verfolgt jede meiner Bewegungen, wie ich mich elegant durch den Zaun durchgleiten lasse. Seine Muskeln spannen sich an und seine Ohren fangen hektisch an zu wackeln. Ich setze mich an den Baum, in der Mitte des Paddocks, auf den trockenen Erdboden. Sobald ich sitze und ihm somit keine Bedrohung mehr darstelle, entspannt er sich sichtlich und lässt den Kopf hängen, doch immer noch beobachtet er mich aufmerksam. Auch ich senke den Kopf und erwidere seinen Blick ruhig. Langsam macht er einen Schritt auf mich zu und wirft mir einen fragenden Blick zu. In Zeitlupe strecke ich ihm die Hand einladend entgegen und zuerst dachte ich, dass er zurückweicht, doch nach einem kurzen Zögern bewegt er sich weiter in meine Richtung. Zwanzig Zentimeter vor meinem Fuß bleibt er mit seinem Huf stehen und legt seine Wange in meine ausgestreckte Hand. Er schmiegt sich in meine Handfläche und schließt seine Augen. Ich begutachte seine langen Wimpern und schließe schließlich mit angehaltenem Atem ebenfalls die Augen. Der Braune atmet schwer und etwas zittrig aus und auch ich atme erleichtert auf. Ich muss unbedingt mit ihm zusammen bleiben, denn ich kann eh nicht anders! Ich öffne die Augen wieder und meine andere Hand geht automatisch zu seinem Kopf und legt sich zärtlich auf seine Stirn. Er öffnet vorsichtig die Augen und schnaubt leise ehe er sich mehr in meine Hände drückt. „So etwas hat er bei keinem zuvor gemacht, geschweige denn in seinen Paddock gelassen ohne ihn fast umzubringen.“, kommt es vom Weidezaun und ehe ich den Hengst festhalten kann, damit er nicht durchdreht, ist er schon mit dem Kopf aus meinen Händen verschwunden. Ich schreie beinahe erschrocken auf, doch dazu ist keine Zeit, da der Hengst zu der Person gejagt ist und nun dominant drohend vor ihr steht. Ich springe auf und stelle mich zwischen sie. Ich hebe meine Hände beruhigend seitlich meines Körpers in die Höhe, um ihn mit den Vorderhufen auf den Boden zurück zu holen. Er sieht so atemberaubend aus, dass ich einen Moment lang nur bewundert zu ihm hinauf gucken kann, doch dann fasse ich mich wieder. „Hey. Suktanka! Alles ist gut ich bin hier und mir geht es gut.“ Immer wenn ich mich nicht konzentriere was ich sage gehe ich immer wieder in Dakota über. Doch diesmal ist es mir egal ob ich diese Sprache spreche oder jene andere. „Wasteste. Ta ta iciya wo.“ Seine Augen zucken in meine und sofort wechselt der wütend drohende Ausdruck zu einem beruhigend liebevoll. Er setzt seine Hufen wieder auf den Boden ab und brummelt verächtlich in die Richtung des Jungen am Zaun. „Ich bin ja da. Alles ist gut.“, murmle ich ihm zu und nehme seinen Kopf in den Arm. Ich lasse ihn aus meinem Griff frei und lege meine Hand auf seine blähenden Nüstern. „Tecihila, micante.“ Ich schicke ihn fort und er verzieht sich brav in eine Ecke des Platzes. Schließlich schlüpfe ich unter dem Zaun hindurch und wende mich schließlich dem Beobachter zu. „Hey, ich bin Grace. Du hast uns einen ganz schönen Schrecken eingejagt!“, grinse ich die Person schwach an. „Hi, ich bin Louis. Entschuldigung das wollte ich nicht. Was hast du gerade gesagt?“ Ich habe zuerst Suktanka gesagt das bedeutet Pferd. Dann Wasteste. Ta ta iciya wo und das heißt Sehr gut. Entspanne dich. Also wörtlich in Deutsch… Ach ja dann noch: Tecihila, micante und das heißt so viel wie Ich liebe dich, mein Herz.“ „Wow, und was ist das für eine Sprache?“ Wir lehnen uns an den Zaun und gucken meinem Freund dabei zu, wie er an ein paar Blätter vom Boden nagt. „Das ist Dakota. Die Indianersprache im Reservat von South Dakota.“ „Weshalb kannst du diese Sprache?“, er guckt mich interessiert an und ich fange schlagartig an zu lachen. Der Hengst hebt bei dem Laut ruckartig den Kopf, doch als er sieht, dass ich das nur bin beruhigt er sich wieder und knabbert an den Blättern weiter. „Wär doch blöd wenn ich meine Familie nicht verstehen könnte? Meinst du nicht auch?“ „Oh. Ja das wäre vielleicht sinnvoll.“ Louis kratzt sich grinsend den Hinterkopf. „Du bist also ne Indianerin?“ „Jop, halb. Meine Mutter ist Deutsche.“, sage ich lachend und füge noch kaum hörbar hinzu: “Gewesen…“.
„Also darf ich ihn kaufen? Ich habe das Geld schon dabei!“, ich gucke Flora aufregend und mit glänzenden Augen flehend an. „Biiiiiiiitte!!!“ „Sie ist die einzige der Heave vertraut. Sie ist vielleicht in der Lage ihn zu zähmen!“, kommt mir Louis zur Hilfe und jetzt nickt er Flora auch begeistert zu. Ein wenig hilflos und geschlagen nickt Flora und sagt dann noch: „Also gut! Auch wenn ich ihn nicht ganz verstehe, wieso er bei dir nicht stur und gefährlich ist. Das muss wohl an deiner Indianerseite liegen.“, sie zwinkert mir zu und schiebt den Kaufvertrag und die Papiere zu mir herüber. Ich fülle alles nötige aus, bevor ich die Sachen wieder zu ihr rüber fege. Eine Träne kullert mir vor Glück über die Wange und ich renne sofort zu Heavenly Darkness, wie der Hengst wohl heißt, um ihn die frohe Botschaft zu bringen. Ich falle ihm glücklich um den Hals und auch er scheint sich zu freuen. „Jetzt hast du mich als Freundin, die du dir schon immer gewünscht hast.“, murmle ich an seinen Hals und lasse nun weitere Freudentränen in seine Mähne rutschen. „Tecihila zitkala.“ Ich liebe dich kleiner Vogel. Er drückt seinen Kopf an meinen Rücken, dass wohl das „ich dich auch“ bedeuten soll. Er versteht mich nur zu gut.